25./26.08.2017. „Einer dieser Strudel ist riesengroß. In seiner Mitte kreist lebhaft das Wasser, als tanze es Walzer. […] Je näher man herankommt, desto deutlicher kann man ein unheimliches Geräusch hören. Es ist, als sägte, klopfte und rollte jemand zugleich irgendwo tief unter dem Wasser.“ So beschreibt der serbisch-österreichische Schriftsteller Milo Dor seine Eindrücke des Eisernen Tores. Die Türken bezeichneten es auch als „großen Kochkessel“. Es die dramatischste Passage des gesamten Donauverlaufes. Reihenweise krachten Schiffe in unterirdische Felsen, kleine Boote wurden von riesigen Wirbeln heruntergezogen, viele Menschen ertranken in den Fluten und wurden dem Flussgott als Opfer überlassen. Niemand traute sich ohne erfahrene Lotsen in die Passage. Und wenn, dann endete es oft in einer Tragödie. Pascal bezog heute seine ersten Kilometer des 130 Kilometer langen Teilstücks. Aber dazu gleich mehr.
Zunächst erstmal ging es am Donnerstagabend mit Tibi, Marius und der Filmcrew um Nils und Matse ins rumänische Hinterland. Es war eine abenteuerliche Fahrt über Schotterpisten, die sich 2,5 Stunden lang hinzog. Nachdem die Jungs mal richtig ausschliefen, ging es nach einer nochmaligen 1,5-stündigen Anreise zum Spot am Freitagvormittag in das Neratal hinein. Für Pascal war es eine tolle Abwechslung, nach den vielen Tagen auf der breiten Donau auf einem kleinen, engen Fluss zu paddeln, in Wasserfällen zu baden und einfach die idyllische Naturlandschaft zu genießen – eine Entspannung für die Augen, wie mir Pascal zurief, auch wenn selbst hier, in dieser Abgelegenheit vereinzelt Müll zu sehen war. Insgesamt paddelten die Jungs rund sieben Kilometer die Nera hinunter, die von herrlichen Karstschluchten umringt wird. Leider trug sie nur wenig Wasser, sodass die SUPs ab und zu getragen werden mussten. Besonders anstrengend war es für Nils und Matse, da sie die sieben Kilometer den Fluss entlang wanderten, und dabei natürlich ihr Film-Equipment tragen mussten. Pascal verbrachte einen tollen Tag, und sein Dank gilt Tibi und Marius, die alles fantastisch organisiert haben.
Am heutigen Morgen ging es dann die 2,5 Stunden wieder zurück zur Donau, und Pascal stieg an dem Ort, wo er am Donnerstag die Donau verlassen hatte, wieder ein. Gegen 11:20 Uhr machte er sich auf den Weg nach Berzasca, das Tagesziel. Es wurde für Pascal eine harte Etappe. Es gab sehr viel Gegenwind, sodass er für die ersten acht Kilometer rund zwei Stunden benötigte. Über die gesamte Etappe setzte Pascal heute im Durchschnitt pro Kilometer 303 Paddelschläge. Das sind 80 Paddelschläge mehr pro Kilometer im Vergleich zum bisherigen Durchschnitt. Es ist der bisher dritthöchste Wert über alle Etappen hinweg.
Nach Moldova Veche weitet sich das Tal, die Donau erweitert sich auf eine Breite von fast zehn Kilometern. Sie gleicht einem großen See. In der Mitte dieses Abschnitts ragen Felsen hervor, die vom Wasser umspült werden. Pascal blieb stets am linken Ufer der Donau, ein Tipp, den er von einem Einheimischen bekam. Wäre er zentraler über den See gepaddelt, hätte ihn der Wind womöglich über den gesamten See getrieben.
Kurz darauf folgt der Ort Golubac, zu Deutsch Taubenberg. Seine Festung liegt direkt am serbischen Ufer, es ist eine spektakuläre Aussicht vom Wasser. Sie war neben Belgrad eine der bedeutensten Festungen und wechselte laufend ihren Besitzer. Sie wurde erstmals 1335 in einer ungarischen Urkunde erwähnt und wurde auch als „Riegel des Eisernen Tores“ genannt. Früher ragte sie auf einem Felsen hervor, durch die Stauungen schwappt das Wasser heute manchmal bis in den Innenhof hinein. Gegenüber der Festung, auf rumänischer Seite, legte Pascal erstmal eine Pause ein – eine wichtige Regenerationseinheit, nachdem Arme und Schultern von den ersten acht Kilometern glühten.
Danach wird die Donau wieder eingezwängt, und hier ließ der Wind auch wieder ein wenig nach. Was passiert hier eigentlich mit der Donau? Warum ist das Eiserne Tor so eine dramatische Passage? Die Donau verlief bisher durch Tiefebenen und kleinere Gebirgszüge, die sie entweder umfloss oder durchgrub. Jetzt bauen sich die Karpaten vor ihr auf, die auf serbischer Seite als Erzgebirge fortgeführt werden. Was soll sie machen? Sie zu umfließen wäre ein langer Weg, zumal sich die Karpaten wie ein umgedrehtes C vor ihr aufbauen. Die Donau entscheidet sich für den kurzen Weg. Sie gräbt sich durch das Massiv, und zwar so tief, dass sie an Stellen sogar 80 Meter unter dem Meeresspiegel fließt. Die Donau verengt sich an manchen Abschnitten auf bis zu 120 Meter, nachdem sie zuvor zum Teil mehrere Kilometer breit war. Die Schluchten zu durchpaddeln ist spektakulär, aber war früher auch entsprechend gefährlich. Felsen im Wasser, Steinschlag, unterirdische Strudel und Wirbel machten das Eiserne Tor zu einer lebensgefährlichen Passage.
Für Pascal war es toll, nach vielen Tagen in der Ebene wieder von Berglandschaften umgeben zu sein. Die eingezwängte Donau erinnerte ihn an die Wachau. Nach harten 31 Kilometern erreichte er gegen 16:30 Uhr sein Tagesziel. Pascal hat sich in Berzasca eine tolle Unterkunft gegönnt. Es ist ein Seehaus, das auf Stelzen gebaut ist und direkt über der Donau schwebt. Von der Terrasse aus genoss er bei einem kühlen Bier die Aussicht auf die Donau, die Karpaten und das serbische Erzgebirge. Später gibt es nochmal ein kleines Interview mit Nils und Matse und dann heißt es gut schlafen, denn auch morgen wird es nicht wirklich Strömung geben.
Im 19. Jahrhundert wurde das Eiserne Tor übrigens durch Sprengungen entschärft. In den 60er und 80er Jahren wurden am Ende der Passage zwei große Stauwerke errichtet, die den Wasserstand um bis zu 30 Meter anhoben. Ganze Dörfer, die einst an den Ufern lagen, wurden dadurch von der Donau überflutet. Seitdem ist die Donau im Eisernen Tor problemlos passierbar, für Pascal besteht somit keine Gefahr mehr. Er kann sich in diesen Tagen vollständig auf die wunderschöne und einzigartige Flusslandschaft fokussieren.
Morgen geht es weiter durch das Eiserne Tor, auf der Strecke liegen einige spannende Sehenswürdigkeiten. TF